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"From Belly to Baby" - Podcast-Folge 15 zum Thema: Geburtstrauma – was passiert, wenn die Traumgeburt zum Albtraum wird?

Die Geburt - für viele Frauen rückblickend das schönste Ereignis in ihrem Leben. Doch was, wenn es nicht nach Plan verläuft und das Wunder der Natur zum Trauma der Mutter wird?

In dieser Podcast Folge sprechen wir mit Psychologin und Trauma-Expertin Julia Berg darüber, wie Geburtstraumata entstehen können und welche Tipps sie in ihrer Therapie gibt.

"From Belly to Baby" - Podcast-Folge 15 auf einen Blick

  • Veröffentlichung: 27. März 2024
  • Folge: 15
  • Thema: Geburtstrauma – was passiert, wenn die Traumgeburt zum Albtraum wird?
  • Expertin: Traumatherapeutin Julia Berg
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Geburtstrauma – was passiert, wenn die Traumgeburt zum Albtraum wird?

Lisa Hacklinger: 

Herzlich willkommen zu "From Belly to Baby - dem 10 Minuten-Experten-Podcast für eure Elternreise". In diesem Podcast sprechen wir zu allen Themen rund um Schwangerschaft, Geburt und das erste Jahr mit Baby - mit mir, Hebamme Lisa Hacklinger aus dem Aptacare Expertenteam - dem Beratungsservice für Eltern und werdende Eltern.

Hallo, zur heutigen Podcastfolge zum Thema Geburtstrauma.

Die Geburt ist für viele Frauen rückblickend das schönste Ereignis in ihrem Leben. Bei einigen hinterlässt die Geburt aber ein Trauma. Viele Mütter empfinden also nicht nur Vorfreude auf die Geburt, sondern auch Angst. Meist vor dem Ungewissen.
Doch was, wenn die Geburt wirklich dramatisch verläuft und das Wunder der Natur zum Trauma der Mutter wird?

In dieser Folge sprechen wir über Traumata durch die Geburt, wie Frauen Erlebnisse aufarbeiten können und wie sie die Angst vor einer weiteren Geburt überwinden können. Ich freue mich sehr, heute als Expertin Julia Berg bei mir zu haben. Sie ist klinische Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Expertin für selbstbestimmte Geburt. 


Hallo liebe Julia, schön, dass du da bist.

Julia Berg:

Ja, hallo. Ich freue mich auch da zu sein. Dankeschön.

Lisa Hacklinger:

Liebe Julia, du bist ja auch selbst zweifache Mutter. Wie waren denn die Geburten deiner beiden Kinder?

Julia Berg:

Eine passende Frage, denn tatsächlich hat mich das auch genau zu dieser Arbeit gebracht. Die erste Geburt, die Geburt meiner Tochter, die war für mich rückblickend, jetzt würde ich sagen, traumatisch. Also keine schöne Erfahrung. Und als ich dann drei Jahre später wieder mit meinem Sohn schwanger war, kam das alles hoch und ist mir bewusst geworden.

Ich habe dann in dieser Zeit all das aufgearbeitet und mit meinem Sohn eine sehr, sehr schöne und kraftvolle Geburt erlebt. Und genau dieser Unterschied und was das für eine Mama bedeutet, hat mich dazu inspiriert, diese Arbeit zu machen.

Lisa Hacklinger:

Okay, toll. Also, du hast es letztendlich selbst angegangen, das Thema, und kannst jetzt aber mit dieser Erfahrung oder deiner Weiterbildung auch anderen Mamas natürlich damit helfen?

Julia Berg:

Absolut, genau.

Lisa Hacklinger:

Wann spricht man von einer traumatischen Geburt?

Julia Berg:

Ja, ich finde immer, Trauma ist ja so ein ziemlich großer Begriff. Also haben viele davor auch Angst. Und es ging mir selbst früher auch so, dass ich dachte: Trauma, damit will ich eigentlich nichts zu tun haben. Bis mir irgendwann klar wurde: Moment, das, was ich erlebt habe, ist vielleicht auch traumatisch. Wir dürfen das ein bisschen lockern und Trauma nicht so als Kategorie sehen, sondern als Spektrum.
Das heißt, wir haben eine emotionale Belastung oder eine schwere Traumatisierung bis dahin. Das ist alles ein Spektrum, auf dem sich das bewegen kann. Und das passiert eigentlich durch eine Erfahrung, die uns in eine große Angst und große Hilflosigkeit versetzt.

Wenn wir in der Geburt sind, passiert oft zu viel, zu schnell, zu plötzlich. Und es kann dann passieren, dass wir eben wirklich so eine große Hilflosigkeit erleben und ausgeliefert sind.

Und dieser Moment versetzt unseren Körper dann in einen Schock. Ja, und der kann dann eben diese Traumatisierung oder große emotionale Belastungen im Körper hinterlassen. Es ist am Ende egal, ob wir das jetzt Trauma nennen. Wichtig ist eigentlich die Belastung, die dadurch passiert. Und das Wichtigste dabei ist eigentlich auch, dass es um das eigene hilflose Ich geht, aber manchmal auch um die Angst, um das Kind.

Das heißt, wenn das Kind jetzt in Gefahr sein könnte, auch alleine. Ein Satz zum Beispiel von einem Arzt oder Ärztin, der/die sagt: „Naja, wer weiß, ob es dem Kind noch gut geht.“ Allein das kann schon traumatisierend wirken. Oder auch der Partner kann zum Beispiel traumatisiert sein, wenn er beobachtet, dass es der Frau bei der Geburt so schlecht geht.

Also, da gibt es verschiedene Sachen, die das am Ende auslösen können.

Lisa Hacklinger:

Und warum fällt es dann so vielen auch schwer, über ein Geburtstrauma zu sprechen?

Julia Berg:

Ich denke, weil das sehr stigmatisiert ist. Schon alleine das Wort „Trauma“. Wie gesagt, es ist sehr groß und schwer. Und damit beschreibt es ein Problem, das nie zu lösen ist. Viele schämen sich auch dafür und denken, sie wären dann keine gute Mama, weil sie ja die Geburt nicht geschafft haben. Also ist es eine subjektive Perspektive, es nicht geschafft zu haben ist auch etwas, was wir dann aufarbeiten.

Viele denken, sie hätten etwas falsch gemacht, haben ganz viele Schuldgefühle, auch ihrem Kind gegenüber. Vielleicht ihm nicht das gegeben zu haben, was es verdient hat. Und dann hören sie vielleicht von der Freundin „Hey, ich habe was Tolles erlebt bei der Geburt“ und denken: „Oh Gott, was habe ich falsch gemacht? Warum bin ich nicht gut genug?“

Und viele fühlen sich so unverstanden, weil keiner so richtig weiß, wie man darauf reagieren soll. Auf eine Mama, die eigentlich glücklich sein sollte und vor Stolz platzen sollte, wenn sie dann mit ihrem Leid kommt. Dann hören viele Frauen eben „Naja, Hauptsache das Kind ist gesund“. Und wenn man das hört, dann zieht man sich meistens in sich selbst zurück und spricht dann mit keinem mehr darüber.

Lisa Hacklinger:

Und wie behandelst du jetzt Frauen, die eine traumatische Geburt erlebt haben?

Julia Berg:

Ja, das setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen zusammen. Ich finde es sehr wichtig, dass wir darüber reden, dass es Gespräche gibt, dass es ein Zuhören gibt. Auch, dass die Frauen aufgefangen werden, auch emotional. Und der andere Bestandteil ist dann auch, dass sie sehr viel lernen, Kompetenzen bekommen, über die Geburt lernen, über Trauma und Nervensystem lernen. Aber auch über die Bindung lernen und ein ganz wichtigen Teil, auch über ihre Gefühle.

Weil am Ende leiden die Frauen ja meistens unter dem, wie sie sich damit fühlen und den Kompetenzen im Umgang mit den eigenen Gefühlen - aber auch mit den Gefühlen über das Kind. Das ist so ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil, der mit der Zeit dann diese Last immer kleiner werden lässt.

Lisa Hacklinger:

Und kann man das Risiko eines Geburtstrauma im Vorfeld schon reduzieren? Hast du da Tipps?

Julia Berg:

Ja, das ist eine ganz spannende und ganz wichtige und große Frage.
Ich versuche es mal knapp zu halten. Man kann das auf jeden Fall und so ein paar Tipps dazu wären jetzt zum Beispiel: 

Nicht reinzugehen in die Geburt mit der Haltung „Es wird schon gut gehen, ich lasse das mal auf mich zukommen.“ Sondern wirklich von Anfang an die Geburt in die eigenen Hände zu nehmen und zu sagen „Ich mach das, ich übernehme die Verantwortung für diese Geburt, ich spür meinen Körper, ich gehe in Verbindung mit mir, mit meinem Körper, mit dem Baby.“

Ein anderer Teil davon ist aber auch, dass wir das Wissen über die Geburt haben. Also, nicht nur diese, was sind die Geburtsphasen, sondern was braucht mein Körper? Wie muss ich mit meinem Körper in Verbindung sein? Wie kann ich meinen Körper gut unterstützen? Aber auch, dass ich vielleicht eine tolle Hebamme oder einen tollen Geburtsbegleiter:in an meiner Seite habe, der/die liebevoll für mich da ist. Weil das ist tatsächlich eine der größten Säulen, die hilft, nicht traumatisiert zu sein.

Ob man liebevoll unterstützt ist, ob man jemanden an seiner Seite hat, der da ist. Dann kann man meistens selbst die intensivsten Erfahrungen ganz gut durchstehen. Mal so ganz, ganz knapp gesagt.

Lisa Hacklinger:

Ja, das wäre ein großer Wunsch, dass wir mit einer eins zu eins Betreuung jeder Frau diese optimale Betreuung auch tatsächlich gewährleisten können. 

Hast du mit deiner eigenen Mutter über ihr Geburtserlebnis gesprochen?

Julia Berg:

Tatsächlich, ja. Also ich habe früher als Kind schon immer viel aufgeschnappt. Sie hat es immer mal so nebenbei auch erzählt. Aber dann habe ich auch noch einmal ganz gezielt mit ihr darüber gesprochen, gerade in der Phase meiner zweiten Schwangerschaft. Zur Aufarbeitung, weil mir dann klar geworden ist, dass auch meine eigene Geburt, also wie ich geboren wurde, so viel damit zu tun hat, wie ich gebäre.

Und da habe ich mir noch einmal ganz, ganz viele Details geholt und ganz viel erzählen lassen. Meine Geschichte und meine Prägung dadurch besser verstanden und das auch genutzt, um mich dann besser auf die zweite Geburt vorzubereiten.

Lisa Hacklinger:

Interessant. Super, ich habe jetzt schon viel zum Thema Geburtstrauma erfahren. 

Ich habe auch noch ein paar Fragen aus der Aptaclub Instagram Community.

Eine Mama fragt: „Ich bin in meinem Freundinnenkreis als erste Mama geworden und ich habe meine Geburt als traumatisch empfunden. Wie spreche ich das an, ohne meinen Freundinnen unnötig Angst zu machen?“

Julia Berg:

Ja, das ist eine spannende Frage. Ich will mal ganz knapp sagen: Am besten gar nicht bis ganz mild. Also, das heißt, nie Freundinnen, die noch Geburten vor sich haben, irgendwie beängstigend mit Horrorgeschichten. Und gleichzeitig wollen wir natürlich niemanden anlügen. Das heißt, nur auf Nachfrage würde ich das tatsächlich erzählen und dann auch nicht überladen mit ganz vielen schlimmen Erfahrungen. Die gehören wirklich zur Geburtsaufarbeitung.

Und wenn du es aufgearbeitet hast, wird dir das auch leichter fallen mit Freundinnen darüber zu sprechen. Gib nicht ungefragt Tipps. Stattdessen kannst du so etwas sagen wie: „Hier gibt es tolle Ideen, wo du dich gut vorbereiten kannst. Ich finde, eine Vorbereitung auf eine Geburt ist wichtig. Das habe ich jetzt gelernt.“ Das könnte man zum Beispiel sagen.

Lisa Hacklinger: Ja, das ist doch eine gute Antwort. Ich glaube, dass es wirklich vielen so geht. Man will natürlich berichten, aber man möchte ehrlich sein und man möchte auch nichts verheimlichen. Aber das haben wir ja oft auch in Geburtsvorbereitungskursen - dieses Thema.


Eine andere Frage habe ich noch: „Meine erste Geburt war hart. Stimmt das, dass die erste immer die schwerste ist?“

Julia Berg:

Absolut gar nicht. Das ist ein Mythos, aber es kann so sein. Also, wir haben den Vorteil, wenn wir schon einmal eine Geburt hatten - vor allem, wenn wir schon einmal vaginal geboren haben - dass unser Körper natürlich ein Körper-Gedächtnis hat und das dann leichter abrufen kann und leichter diesen Prozess theoretisch noch einmal durchgehen kann. Was aber auch passiert, ist, dass auch die traumatische oder belastende Erfahrung der Geburt auch in den Zellen gespeichert ist und dass es durchaus passieren kann, dass wir eine Reaktivierung dieses Traumas haben, wenn es nicht verarbeitet wurde und wir die zweite Geburt noch einmal genauso schlimm erleben.

Das habe ich auch tatsächlich bei einigen Frauen erlebt, dass sie noch einmal schlimmer, auf eine andere Art und Weise, die Geburt traumatisch erlebt haben. Also sich darauf zu verlassen ist tatsächlich ein bisschen ein gefährliches Spiel. Würde ich nicht machen.

Lisa Hacklinger:

Und dann habe ich noch eine Bonus-Frage. Und zwar zum Thema Mythos.


Mit welchem Mythos über Geburten würdest du gerne aufräumen?

Julia Berg:

Sehr, sehr viele, tatsächlich. Wir sehen ja immer in vielen Filmen, die Frauen in Rückenlage liegen, ausgeliefert, schreiend vielleicht. Ja, das ist ein Bild von Geburt, das wir im Unterbewusstsein haben und was uns beim Gebären prägt. Das muss unbedingt weg, damit wir gute Geburten erleben. Aber auch Dinge wie, wenn das Kind da ist, dann ist alles vergessen, oder? Hauptsache das Kind ist gesund. Das sind Sätze, die stimmen einfach so nicht. Und wir müssen lernen, dass die Geburt immer eine intensive Erfahrung ist. Also kein Spaziergang. Auch das wird manchmal falsch vermittelt, aber dass sie nicht schlimm sein muss, dass sie nicht schmerzhaft sein muss.

Lisa Hacklinger:

Welche Vorstellung von einer Traumgeburt kursiert deiner Meinung nach?

Julia Berg:

In der Traum-Geburt denken wir ja ganz oft, dass die Frau so entspannt in ihrer Gebärrolle liegt und einfach nur ihr Kind ausatmet. Und wenn wir dieses Bild von Geburt haben, werden wir sehr schnell desillusioniert. Wenn wir dann in der Geburt sind und vielleicht dann auch traumatisiert, weil wir nicht damit gerechnet haben, wie intensiv es ist.

Geburt ist immer eine intensive Erfahrung und darauf müssen wir uns auch einstellen und vorbereiten, wie wir mit den intensiven Geburtswehen umgehen können. Das ist, denke ich, ganz essenziell.

Lisa Hacklinger:

Vielen Dank für die Antwort, weil man kann sich vorbereiten und wir sind Frauen und können gebären. Und das ist, glaube ich, immer ganz wichtig, den Frauen mit auf den Weg zu geben.

Eine Frage habe ich noch an dich. Was ist dein größter persönlicher Eltern-Hack?

Julia Berg:

Knapp zusammengefasst: Je leichter du es als Mama hast, je besser es dir geht, desto leichter hat es auch dein Kind. Dein Kind ist immer der Spiegel von dir und alles, was du an Belastung hast, wirst du an dein Kind übertragen. Und alles, was du an Leichtigkeit hast, das wird auch dein Kind dir spiegeln. Und das ist immer ein sehr guter Wegweiser, wenn du als Mama wissen willst, wie du dein Kind gut begleiten kannst.

Lisa Hacklinger:

Danke für diese schönen Worte zum Schluss, Julia. Ich finde, wir haben in kurzer Zeit das Thema Geburtstrauma ein bisschen erklären und beleuchten können. Und wenn ihr noch mehr Podcastfolgen hören wollt, dann schaut einfach unter Aptaclub_de. Dort findet ihr noch viele andere Folgen. Vielen Dank, dass du da warst, Julia.

Julia Berg:

Vielen Dank für die Einladung. Danke.

Lisa Hacklinger:

Und das war "From Belly to Baby - 10-Minuten Expertenwissen für eure Elternreise", danke dass du heute zugehört hast.

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