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Pflanzliche Ernährung hilft gegen Endometriose? In der ersten Folge von "From Belly to Baby - 10 Minuten Expertenwissen für eure Elternreise" erwartet euch geballtes Expertenwissen mit Hebamme Lisa Hacklinger und Gynäkologe Dr. med. Konstantin Wagner.
Lisa Hacklinger: Herzlich willkommen zu "From Belly to Baby - dem 10-Minuten-Podcast für eure Elternreise". In diesem Podcast sprechen wir zu allen Themen rund um Schwangerschaft, Geburt und das erste Jahr mit Baby - mit mir, Hebamme Lisa Hacklinger aus dem Aptaclub-Expertenteam, dem Beratungsservice für Eltern und werdende Eltern. Endometriose ist eine Krankheit, die erst seit kurzem im kollektiven Bewusstsein angekommen ist. Dabei lässt die Krankheit betroffene Frauen häufig verzweifeln. Laut Studien haben ca. 30 bis 50 Prozent aller Betroffenen Fruchtbarkeitsprobleme bzw. einen unerfüllten Kinderwunsch. Mein heutiger Gast Dr. med. Konstantin Wagner kennt sich als Frauenarzt mit dem Thema bestens aus und erklärt uns heute, wie ein unerfüllter Kinderwunsch und Endometriose zusammenhängen können. Ich habe Konstantin schon in der Leitung und freue mich dass du da bist: Hallo Konstantin.
Konstantin Wagner: Ja hallo von mir, vielen Dank für die Einladung und ja, ich freue mich auch.
Lisa Hacklinger: Wenn Du möchtest, dann starten wir gleich mit ein paar Fragen, die ich für dich habe. Die erste Frage wäre: Was ist Endometriose überhaupt?
Konstantin Wagner: Im Prinzip muss man sich erstmal vorstellen: Alle Frauen haben eine Gebärmutter und in der Gebärmutter ist Gebärmutterschleimhaut. Diese unterliegt ja quasi einem Zyklus also hormonellen Einflüssen. Und bei der Endometriose ist es so, das ist eine chronische Erkrankung, wo ganz ähnliches Gewebe im ganzen Körper verbreitet sein kann. Also die Endometrioseherde - so nennt man die - können im ganz kleinen Becken selbst im Gehirn und in der Lunge vorkommen und unterliegen auch diesen Einflüssen von den Hormonen, d.h. sie bauen sich auf und bluten dann quasi ab. Und das Ganze triggert erstmal eine chronische Entzündungsreaktion und bereitet in den meisten Fällen ziemliche Schmerzen. Und ein Symptom weiterhin ist eben der unerfüllte Kinderwunsch.
Lisa Hacklinger: Und wie erkenne ich, ob ich an Endometriose leide?
Konstantin Wagner: Das ist gar nicht so einfach, weil das wird auch in der Gynäkologie als Chamäleon bezeichnet, weil es wirklich ganz unterschiedliche Symptome machen kann. Erstmal: Die Klassiker sind wirklich heftigste Schmerzen während der Menstruation und alles, was Schmerzen sind, die einen im Alltag einschränken, ist grundsätzlich mal nicht normal. Ob dahinter jetzt Endometriose steckt oder wirklich schmerzhafte Perioden - das gibt es ja auch, muss man noch mal hinten anstellen, aber das muss auf jeden Fall abgeklärt werden. Wenn du z.B. während der Menstruation auch Schmerzen beim Stuhlgang oder beim Urinieren hast. Wenn du Schmerzen beim Geschlechtsverkehr hast, das sind alles kleine Indizien dafür, dass dann Endometriose vorliegen könnte. Und spätestens dann, wenn fünf bis sechs Fragen mit ja beantwortet werden, muss auf jeden Fall die Gynäkologin besucht werden und das einmal abgeklärt werden.
Lisa Hacklinger: Okay, also da ist schon ein ganz schöner Leidensweg auch dahinter. Hinzu kommt ja dann oft auch eben dieser unerfüllte Kinderwunsch. Kann das dann eine Ursache sein, also kann Endometriose eine Ursache für unerfüllten Kinderwunsch sein?
Konstantin Wagner: Ja unter anderem - du hast es anfangs erwähnt, also zu 30 bis 50 Prozent ist Endometriose die Ursache für Sterilität, das heißt die meisten Paare, die in der Kinderwunschklinik irgendwann sind, haben tatsächlich den großen Verdacht - die Frau jedenfalls - auf Endometriose. Woran das Ganze liegt, weiß man noch nicht, man weiß nur, dass der Zusammenhang da ist Endometriose und unerfüllter Kinderwunsch. Man vermutet aufgrund dieser chronischen Entzündungsreaktion, eine Schwangerschaft gilt ja grundsätzlich erstmal als was Fremdes für den weiblichen Körper, das ist ja Gewebe und das sind ja auch Zellen, die der Körper so nicht kennt, weil 50 Prozent davon fremd sind. Heißt das Immunsystem muss da wirklich gedrosselt werden, aber bei der chronischen Entzündungsreaktion ist das Immunsystem sehr aktiv und das, stellt man sich vor, ist auch der Grund für unerfüllten Kinderwunsch. Daneben gibt es anatomisch auch Probleme. Es kann zu Verklebungen führen z.B. im Eileiter, es kann zu Verwachsungen führen - das alles macht es natürlich anatomisch vielleicht auch schwierig, dass die Eizelle überhaupt den richtigen Weg durch den Eileiter in die Gebärmutterhöhle findet. Was man aber auch dazu sagen muss: Nicht jede Frau und Betroffene mit Endometriose hat auch einen unerfüllten Kinderwunsch, also auch Endometriose-Betroffene können schwanger werden und das ist auch glaube ich ganz wichtig zu erwähnen.
Lisa Hacklinger: Ja dann gibt es wohl auch Therapiemöglichkeiten für eine Endometriose. Kannst du uns vielleicht dazu noch was sagen oder welche Ansätze gibt es da?
Konstantin Wagner: Grundsätzlich muss man sich bei der Therapie überlegen: Man hat es ja mit einer chronischen Entzündungsreaktion zu tun, also naheliegend ist natürlich, dass man da irgendwie antientzündlich arbeitet und das geht auch super gut über die Ernährung. Das ist bei mir der erste Schritt in der Praxis, dass ich den Frauen erkläre, wie eine antientzündliche Ernährung funktioniert. Das ist gar nicht so schwer dann, wenn es pflanzenbasiert ist und die tierischen Produkte und Eiweiße bisschen runtergefahren werden, funktioniert das Ganze schon ganz gut. In dieser Therapie kann man natürlich auch noch mit Nahrungsergänzung arbeiten. Bei uns in der Praxis wird da ganz gerne Magnesium herangezogen, weil es eben entkrampfend wirkt und gerade bei so Unterleibskrämpfen funktioniert Magnesium - wenn es richtig dosiert und zur richtigen Zeit eingesetzt ist - auch ganz gut. Das sind so die antientzündlichen Ansätze, die sind alternativmedizinisch. Die Schulmedizin und die Leitlinie sagen was anderes, die wollen natürlich diesen Zyklus der Frau, d.h. das hormonelle Auf und Ab kalt stellen und diesen Zyklus eben glätten, so sagen wir. Es darf kein Hoch und Runter von irgendwelchen Hormonen geben und das funktioniert extrem gut natürlich mit einer Pille, die schaltet ja die Eierstöcke quasi kalt, es kommt nicht zu diesen Schwankungen und auch weniger zu diesen Problemen. Der nächste Punkt wäre dann und das ist auch wirklich beim Kinderwunsch oftmals dann einen Versuch wert, mit einer Bauchspiegelung eben die Endometrioseherde, die man sieht im Bauch, zu entfernen und zu veröden und auch zu gucken, ob die Eileiter durchgängig sind. Das ist dann quasi der letzte Schritt bei so einer ausgeprägten Therapie. Alternativmedizinisch gibt noch ganz viel, also von Physiotherapie bis Bewegungstherapie, Yoga. Es gibt Curcuma-Präparate, es gibt so viel, was viele Frauen probieren - nicht alles hilft jeder Frau. Aber man sollte sich ein bisschen durchtesten, was vielleicht funktionieren könnte und gerade mit der Ernährung kann man schon viel reißen,
Lisa Hacklinger: Okay super vielen Dank. Was gibt es denn noch für weitere Gründe für einen unerfüllten Kinderwunsch? Da steckt ja nicht nur die Endometriose dahinter, sondern dieses Thema beschäftigt ja alle Betroffenen?
Konstantin Wagner: Genau, also wichtig ist auch zu wissen: Es drittelt sich immer so, wenn man Gründe hat für den unerfüllten Kinderwunsch. Also ein Drittel auf die Frau, ein Drittel auf den Mann und ein Drittel beide Geschlechter. Es ist jetzt nicht so, dass man immer nur die Fehlersuche bei der Frau suchen sollte. Wichtig ist halt erstmal beim Kinderwunsch zu gucken, was macht denn der eigene Zyklus eigentlich? Habe ich einen Eisprung, weil die Frauen sind einfach das Besondere beim Thema Kinderwunsch, denn die haben nur einmal im Monat einen Eisprung. Männer können quasi im Minutentakt Millionen Menschen zeugen, die können - im Ejakulat sind 30 bis 40 Millionen Spermien - also wir sind da wirklich entbehrlich. Die Frau und der Eisprung das ist das Wichtige. Der Grundsatz ist erst mal zu gucken, habe ich einen Eisprung und wenn ja, wann ist der und wenn nein, warum ist der nicht da? Und wenn der Zyklus regelmäßig ist und alles passt eigentlich von ihrer Seite aus, ist der nächste Schritt bei mir in der Praxis, dass ich ihn zum Spermiogram schicke. Weil vom Timing her müsste es passen, der Zyklus passt und erst wenn das Spermiogramm super gut ist und da der Grund nicht zu liegen scheint, muss man gucken: Sind die Eileiter durchgängig? Gibt's anatomischer Probleme in der Gebärmutterhöhle, wenn man die schon gesehen hat? Und dann es in dieser Kaskade weiter um, zu suchen, woran liegt es eigentlich.
Lisa Hacklinger: Okay ja vielen Dank für diese ganzen Informationen. So nachdem wir schon viele Fragen beantwortet haben, komme ich jetzt zu einem ganz speziellen Moment: Aptaclub macht Schluss mit Mythen. Ich habe eine Frage an dich als Gast zu einem speziellen Mythos auf deinem Fachbereich. Was ist der größte Mythos rund um das Thema Kinderwunsch, den du als Frauenarzt gerne aufklären würdest?
Konstantin Wagner: Der größte Mythos ist sicherlich, dass man das Geschlecht des Kindes beeinflussen kann. Also das ist eine sogenannte Shettles Methode, es gab eine Studie in den Siebzigern von einem Herrn Shettles, der gesagt hat: "Okay ich kann von der Position beim Geschlechtsverkehr, vom Timing beim Geschlechtsverkehr das Geschlecht des zukünftigen Kindes entscheiden, also ob ich einen Junge oder ein Mädchen mache. Das ist ein absoluter Mythos, der immer in den Köpfen hängt. Das werde ich fast wöchentlich gefragt, ob das wirklich möglich. Das ist absoluter Quatsch, wurde auch mittlerweile schon mehrfach widerlegt, aber so ein Mythos, der sich wirklich tapfer hält. Und Gott sei Dank haben wir da keinen großen Einfluss drauf und Mutter Natur entscheidet.
Lisa Hacklinger: So und jetzt habe ich auch gleich noch zwei Fragen. Und zwar frägt eine Mama: Ich bin trotz Endometriose schwanger geworden. Habe ich ein größeres Risiko in der Schwangerschaft und muss ich etwas beachten?
Konstantin Wagner: Also erstmal zeigt das ja, dass man mit Endometriose schwanger wird - was ja schön ist. Auf der anderen Seite in der Schwangerschaft selbst, also für mich ist das schon ein Vermerk im Mutterpass wert. Man muss immer gucken, wie ausgeprägt ist die Endometriose, ist das überhaupt bekannt? Es gibt ja wirklich sehr tief infiltrierende Endometriosen, so nennt man das, wo andere Organe betroffen sind - gerade wenn der Enddarm betroffen ist. Dann hat man schon ein gewisses Risiko, auch bei der Geburt, dass da irgendwas kaputt gehen kann. Also das kann man nicht einfach mal so beiseite schieben. Grundsätzlich wird das kontrovers diskutiert, ob in der Schwangerschaft grundsätzlich ein Risiko da ist. Ich gucke da schon ein bisschen genauer hin, ob da alles soweit in Ordnung ist, denn man hat schon gesehen, dass es eine schon erhöhte Frühgeburtlichkeit geben kann. Jetzt keine extreme Frühgeburtlichkeit, aber dass die eben vor dem Termin auf die Welt kommen und das zeigt auch, dass die Gebärmutter da einfach anders reagiert als die Gebärmutter und der Unterleib quasi ohne Endometriose. Aber grundsätzlich hast du jetzt kein mega hohes Risiko, dass irgendwas passiert mit deinem Kind oder dir, aber man muss schon ein bisschen genauer hingucken. So ist das jedenfalls bei mir, ich mache drei bis 4 Ultraschall mehr, als ich vielleicht bei einer Nicht-Betroffenen machen würde.
Lisa Hacklinger: Okay dankeschön! Und eine andere Mama möchte noch wissen: Meine Endometriose ist seit meiner ersten Schwangerschaft deutlich besser geworden, kann ich mit dem zweiten Kind nun einfacher schwanger werden?
Konstantin Wagner: Also grundsätzlich ist das etwas, was oft passiert, dass die Schwangerschaft und vor allen Dingen auch die Stillzeit sich positiv auswirken auf die Endometriose, weil es kann sein, dass das auch wieder aufflammt, aber es kann auch sein, dass man lange Ruhe hat und immer, wenn keine Symptome da sind, ist es eher mal ein gutes Zeichen, vor allem wenn vorher Symptome da waren, dass die Endometriose jetzt ein bisschen ruht und dadurch ist auch die Chance auf die zweite Schwangerschaft gar nicht so schlecht.
Lisa Hacklinger: Super, vielen Dank auch für diese Antwort ist, das waren jetzt sehr viele Informationen - danke dir. Ich hätte zum Schluss noch eine Bonusfrage an dich als Papa: Was ist dein größter persönlicher Elternhack?
Konstantin Wagner: Erstmal ist es super, super schön wenn man mit seinen Kindern spielt, aber es kann auch super nervig sein, das kennen wir alle. Bei mir ist ein ganz beliebtes Spiel, weil ich da nicht viel machen muss, Arzt / Patient - also das passt doch ganz gut, da ist meine große Tochter die Ärztin und ich muss mich einfach nur hinlegen und irgendwas vortäuschen und sie umgarnt mich, gibt mir Kissen, gibt mir eine Decke, gibt mir einen Tee. Also das ist immer herrlich, dass ich mich einfach nur hinlegen und wehleidig sein muss und nicht viel aktiv machen muss - also das ist mein erster Hack. Und der zweite Hack ist eigentlich, was das Einschlafen angeht, eine absolute Routine einzubauen, also das muss jeden Abend komplett identisch ablaufen, wenn es irgendwie geht. Weil dann, das haben wir jetzt seit drei Jahren etabliert, schlafen diese Kinder einfach unglaublich gut ein, weil sie alles wissen, die Abläufe kennen. Und das ist so mein zweiter absoluter Hack, den ich im Laufe des Vaterseins lernen musste. Schlaf ist schon wichtig und wenn man dann nicht zwei Stunden Einschlafbegleitung machen muss, ist man auch froh, irgendwann auf der Couch zu sitzen und das klappt auch ganz gut.
Lisa Hacklinger: Oh ja danke auch dafür. So das war dann schon unsere erste Folge. Vielen Dank, dass du mit dabei warst, Konstantin. Wenn ihr noch mehr hören wollt, dann findet ihr uns auch auf Social Media (Instagram, Facebook, TikTok) und aptaclub.de. Dort könnt ihr uns auch eure Fragen für die nächste Podcast-Folge zum Thema Elterngeld stellen. Und das war "From Belly to Baby - 10-Minuten Expertenwissen für eure Elternreise", danke dass du heute zugehört.
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