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In Deutschland werden ca. 30 % aller Babys per Kaiserschnitt geboren. Der operative Eingriff ist nicht nur für die Mama körperlich und psychisch anstrengend, sondern wirkt sich auch auf das Kind aus, z.B. auf seine Darm-Mikrobiota und damit einhergehend die Entwicklung des Immunsystems. Kinderärztin Dr. Nikola Klün erklärt im Gespräch mit Hebamme Lisa, welche Indikatoren zu einem Kaiserschnitt führen und wie du dein Baby nach einem Kaiserschnitt am besten unterstützen kannst.
Lisa Hacklinger: Herzlich willkommen zu "From Belly to Baby - dem 10 Minuten-Experten-Podcast für eure Elternreise". In diesem Podcast sprechen wir zu allen Themen rund um Schwangerschaft, Geburt und das erste Jahr mit Baby - mit mir, Hebamme Lisa Hacklinger aus dem Aptacare Expertenteam - dem Beratungsservice für Eltern und werdende Eltern.
In Deutschland werden im Schnitt circa 30 % der Babys per Kaiserschnitt geboren. Während dies für die Mama ein operativer Eingriff ist, hat ein Kaiserschnitt aber auch für Babys Auswirkungen, zum Beispiel auf deren Darm-Mikrobiom. Heute ist Kinderärztin Dr. Nikola Klün mein Gast und verrät, wie du dein Baby nach einem Kaiserschnitt am besten unterstützen kannst. Herzlich willkommen!
Dr. Nikola Klün: Hallo, Ich freue mich sehr, dass ich wieder dabei sein darf.
Lisa Hacklinger: Ich würde auch gleich mal anfangen. Was ist bei Kaiserschnitt-Babys anders als bei vaginal entbundenen Babys?
Dr. Nikola Klün: Ja, man muss sagen, es gibt schon einige Unterschiede. Wenn ein Baby vaginal entbunden wird, dann geht es durch den Geburtskanal und das hat zur Folge, dass quasi die Lunge wie ausgequetscht wird. Man kann sich vorstellen, dass der Thorax ja so richtig komprimiert wird und das hilft dem Baby schon bei der Anpassung. Und für das Baby ist es auch ganz schön anstrengend, mit den Wehen da durch den Geburtskanal zu gehen. Das schüttet also jede Menge Katecholamin aus. Also Adrenalin. Das ist genauso wie bei der Mama. Es ist richtig aufregend und das ist beim Kaiserschnitt nicht der Fall. Und die Katecholamine unterstützen das Baby positiv bei der Anpassung. Also sie sorgen dafür, dass das Baby hellwach ist, dass die Lunge sich entfaltet und sie helfen auch dem Baby nach der Geburt durch diesen wachen Zustand anzudocken. Also es ist von der Natur natürlich eigentlich so vorgesehen.
Trotzdem ist es natürlich ein Segen, dass wir den Kaiserschnitt haben, weil wir dadurch ganz vielen Babys helfen können. Aber sie gehen nicht durch diesen ganz natürlichen Prozess durch. Das muss man einfach wissen. Und deswegen kann es schon sein, dass ein Baby nach einem Kaiserschnitt ein bisschen mit der Anpassung zu kämpfen hat. Die Umstellung stellt eine größere Herausforderung dar.
Lisa Hacklinger: Okay, und hat ein Kaiserschnitt geborenes Baby auch ein erhöhtes Risiko für spätere Erkrankungen?
Dr. Nikola Klün: Ja. Also, zum Ersten direkt nach der Geburt gibt es schon ein bisschen erhöhtes Risiko für Anpassungsstörungen. Genau deswegen ist ein Kinderarzt beim Kaiserschnitt auch immer dabei. Um das Baby dann einfach bestmöglich zu unterstützen und ihm ein bisschen zu helfen, sich von diesem Schreck zu erholen, dass es jetzt plötzlich auf die Welt gekommen ist.
Lisa Hacklinger: Es geht ja super schnell, so ein Kaiserschnitt.
Dr. Nikola Klün: Das geht superschnell. Innerhalb von Minuten ist das Baby da. Dann dauert der Kaiserschnitt noch ein bisschen länger, also vor allem das Zunähen. Aber für das Baby ist es innerhalb von Minuten da. Wenn nicht vorher Wehentätigkeit bei der Mutter vorausgegangen ist, kann man sich vorstellen, es ist schon ein ganz schöner Schock. Auf einmal muss ich alles selbst können.
Also einmal die Anpassungsstörung, die ist tatsächlich höher. Wir Kinderärzte können aber da ganz, ganz viel tun. Es ist ja in Deutschland eine sehr kontrollierte Situation, um die Babys gut zu unterstützen. Und dann haben diese Babys auch auf ihr ganzes Leben gesehen, ein minimal erhöhtes Risiko für Durchfallerkrankungen im ersten Lebensjahr und Mittelohrentzündung. Und auf lange Sicht haben sie ein bisschen erhöhtes Risiko für Asthma, Allergien, Diabetes und auch Übergewicht, also chronische Erkrankungen.
Bei allen Mamas, die jetzt vielleicht vor einem Kaiserschnitt stehen, möchte ich aber nochmal dazu sagen: Das ist wirklich ein gering erhöhtes Risiko ist, was sich jetzt aber immer, immer wieder in Studien bestätigt hat. Und wir sind da gerade erst in den Anfängen. Aber wir beginnen gerade zu verstehen, dass das Darmmikrobiom sich auf die gesamte Gesundheit wahnsinnig auswirkt. Also es ist ganz eng verknüpft mit unserer allgemeinen Gesundheit, wie unser Darmmikrobiom aufgebaut ist. Da wird jede Menge geforscht und die Menschen haben auch super interessante Ideen. Vielleicht hat die eine oder andere Mama oder werdende Mama schon mal von diesem Vaginal Seeding gehört.
Also es gibt die Ideen: Wir geben Vaginalsekret aufs Baby, um das herzustellen. Ist aber wissenschaftlich muss man dazu sagen, nicht ganz evaluiert oder es gibt ganz viel Probiotika Forschung. Können wir dem Kind irgendwie Probiotika geben, damit das Darmmikrobiom möglichst gut ist? Was wir wissen: Stillen trägt auf jeden Fall sehr positiv dazu bei.
Lisa Hacklinger: Wie versorge ich denn dann mein Baby am besten nach einem Kaiserschnitt? Braucht es da eine extra Unterstützung?
Dr. Nikola Klün: Also das Beste, was passieren kann für das Baby. Und eigentlich sind mittlerweile alle Krankenhäuser auch in Deutschland so weit, das so zu tun ist, dass wir die Situation der natürlichen Geburt so gut es geht imitieren. Früher ist es ja noch ein bisschen anders gelaufen, früher gab es auch viel mehr Intubationsnarkose. Mittlerweile ist die Mama ja eigentlich in der Regel, es sei denn, es ist ein Notfallkaiserschnitt wach.
Und was passiert ist, dass das Baby minimal kurz vom Kinderarzt gesehen wird. Auch oft in der Praxis, wenn es schreit. Also wirklich nur kurz aufs Herz gehört und dann schön warm eingepackt und ab zur Mama. Hautkontakt, Körperkontakt. Wir wollen, dass die Hormone ausgeschüttet werden, dass dieses gegenseitige Wechselspiel das Oxytocin spielt, dass das alles so natürlich wie möglich gemacht wird.
Deswegen ist das Beste, was man tun kann, eigentlich, das dann so zu unterstützen. Also während die Mama noch auf dem Tisch liegt und auch wieder zusammengenäht wird, liegt das Baby bei ihr. Wir beginnen mit dem Bonding und auch nach dem Kaiserschnitt so schnell wie möglich anlegen. Und so weiter.
Also, wir versuchen diese natürliche Situation zu imitieren, um sowohl der Mama als auch dem Baby eine möglichst gute Grundlage für den Start ins Leben zu geben. Ich kann da auch aus eigener Erfahrung berichten. Wir haben das genauso gemacht. Mein zweites Kind war eine Kaiserschnittgeburt und ich fand das dann letztendlich genauso schön. Sie war dann bei mir und wir konnten uns einfach schon wahnsinnig drüber freuen. Und da ist man Gott sei Dank jetzt wirklich viel weiter. Das war vor einigen Jahren noch anders.
Lisa Hacklinger: Das war super interessant, nochmal viel zu dem Thema Bonding zu hören, denn auch da komme ich gleich zu unserem nächsten Thema Mythen. Und vielleicht möchtest du mit einem Mythos aufräumen, der rund um das Thema Kaiserschnitt kursiert.
Dr. Nikola Klün: Leider hält sich immer noch so ein Gerücht hartnäckig und an dem ist absolut gar nichts dran. Die Bindung zu deinem Kind, zu deinem Baby hat absolut gar nichts zu tun mit dem Geburtsmodus. Ein Kaiserschnittkind kann genauso gut gebunden sein oder nicht gut gebunden sein an seine Mutter, wie ein vaginal entbundenes Kind.
Lisa Hacklinger: Und dann komme ich vielleicht auch gerade noch zu einer Frage, die mir als Hebamme auch gestellt wird. Wenn Mamas oder auch Eltern vor der Frage stehen: Ist ein Kaiserschnitt nötig? Und welche Indikationen gibt es denn?
Dr. Nikola Klün: Ja, also wir unterscheiden in der Medizin immer zwischen absoluten Indikationen. Also da gibt es quasi keine Diskussion, Spielraum und relative Indikation. Relativ bedeutet, man muss es diskutieren oder man muss es individuell von der einzelnen Situation abhängig machen.
Bei absoluten Indikatoren geht gar kein Weg dran vorbei. Das sind Lagen, die mit einer natürlichen Geburt nicht gut vereinbar sind, vom Baby, also zum Beispiel eine Querlage.
Die Beckenlage ist eine relative Indikation. Also da gibt es Krankenhäuser, die entbinden die Babys auch aus Beckenendlage. Andere Krankenhäuser entscheiden sich dagegen, weil das einfach auch mit Risiken einhergeht. Eine absolute Indikation wäre auch ein Missverhältnis. Also wenn man schon im Ultraschall vor der Geburt sieht, dass das Baby sehr groß ist und wahrscheinlich nicht durchs mütterliche Becken passt oder irgendwelche anatomischen Besonderheiten bei der Mama, die einfach eine risikobehaftete Geburt sehr, sehr wahrscheinlich machen. Dann, wenn der Mutterkuchen direkt am Ausgang liegt, sozusagen eine Plazenta praevia. Da geht kein Weg dran vorbei, ohne eine Blutung. Das wäre auch eine absolute Indikation. Oder ein Nabelschnurvorfall, also wenn das Baby quasi auf der eigenen Nabelschnur liegt. Wenn wir wissen, dass die Mutter eine Infektion hat, die nicht während der Geburt entsteht, sondern davor da ist, dann kann das eben auch zu einer Sectio führen.
Eine andere Situation ist wieder relativ. Zum Beispiel Zwillinge kann man auch vaginal entbinden. Es gibt aber auch Mamas, die haben da ordentlich Respekt oder die Zwillinge liegen nicht so gut und dann entscheidet man sich wieder für den Kaiserschnitt. Ein Kaiserschnitt wird auch oft gemacht wegen der Schwangerschaftsvergiftung. Auch das wäre wieder eine Indikation. In Deutschland ist es aber mittlerweile auch so, dass sich viele Frauen ohne all diese Indikationen für einen Kaiserschnitt entscheiden, aus verschiedenen Gründen.
Lisa Hacklinger: Und welche anderen Probleme kann es nach einem Kaiserschnitt geben? Zum Beispiel, dass man das Baby nicht stillen oder tragen kann? Und wie löst man das Problem?
Dr. Nikola Klün: Genau mit dem Stillen ist es so, dass wir natürlich ein bisschen eine andere Hormonkonstellation nach Kaiserschnitt haben, die vielleicht so ein kleines Hindernis darstellen könnte. Vielleicht klappt es nicht ganz so gut. Man muss aber dazu sagen, mittlerweile gibt es in den Krankenhäusern Stillberatungen. Wir versuchen eben, wie wir gerade besprochen haben, vieles zu imitieren. Und es ist überhaupt kein Stillhindernis sozusagen, dass man ein Kaiserschnitt hat. Ja, vielleicht hat man manchmal ein bisschen mehr Anlaufschwierigkeiten. Das kann sein, aber das sind Probleme, die sich mit einer guten Unterstützung wunderbar beheben lassen.
Und natürlich ist das Tragen am Anfang oft ein bisschen schmerzhaft. Wir haben eben die Narbe, und die Frauen, die eine vaginale Entbindung haben, sind nach der Geburt oft, aber natürlich auch nicht immer fitter. Sie kommen schneller aus dem Bett raus. Auch dem versuchen wir so ein bisschen entgegenzuwirken. Die Frauen werden super schnell mobilisiert, den Meisten ist es viel zu schnell. Die denken sich: Das kann doch nicht sein, dass ich jetzt stehen soll. Aber es hilft eben bei den Narbenheilung, für den Kreislauf und so weiter. Und dann ist man sich einig, dass man das Gewicht des Babys tragen darf.
Lisa Hacklinger: Jetzt haben wir auch noch eine Frage von unserer AptaClub Instagram Community ausgewählt und eine Mama fragt sich: Kann ein Kaiserschnitt auch psychische und seelische Folgen für mein Baby haben?
Dr. Nikola Klün: Ja, das finde ich eine auch wichtige Frage, weil ich glaube, die stellen sich viele Mamas. Also wir wissen darüber natürlich nicht so viel, wenn man es einfach aus einer wissenschaftlichen Perspektive beantworten soll. Was macht der Geburtmodus mit einem Baby auf lange Sicht? Wo es eine Korrelation gibt, ist, dass irgendeine Art von traumatischer Geburt oder einer komplikationsreiche Geburt damit einher geht, dass ein Baby eher schreit, eher eine Regulationsstörung hat. Deswegen finde ich, kann man das jetzt nicht auf den Kaiserschnitt allein münzen. Wir haben eben schon darüber gesprochen, das ist schon ein Schock und es gibt auch Kaiserschnitt-Situationen, die kompliziert sind: Notfallkaiserschnitt usw. und dann kann man sich schon vorstellen, dass das für das Baby auch eine große Anpassungsleistung ist. Auch emotional. Genauso gut kann aber eine schwierige vaginale Entbindung auch irgendwas mit einem Baby machen. Wir machen uns da viele Gedanken darüber. Ich finde auch zurecht und was ich finde, was so eine ganz schöne Antwort auch darauf ist, wenn ein Kaiserschnitt oder vaginal nicht so gut läuft, gibt es zum Beispiel Geburtshäuser oder auch Hebammen, die so ein Rebirthing anbieten. Und es kann man ja so ein bisschen im Hinterkopf haben, wenn man einfach so eine Situation noch mal so imitiert und das für die Mama und fürs Baby noch mal versucht nachzuspielen, sodass sie beide ankommen mit der Situation.
Lisa Hacklinger: Ich habe auch noch eine Frage an dich, eine Frage: Was ist dein größter persönlicher Eltern-Hack?
Dr. Nikola Klün: Ich glaube, mein größter Eltern-Hack ist tatsächlich, dass wir Hilfe haben. Ich habe zwei Kleinkinder. Ich habe lange gebraucht, um dahin zu kommen, aber ich habe mittlerweile eine Babysitterin, die mich unterstützt, wenn es nötig ist. Und das ist tatsächlich für mich der größte Eltern-Hack, weil ich so meinen Kindern dann wieder mit mehr Energie und mehr Entspannung begegnen kann. Und im Nachhinein hätte ich das ein bisschen früher machen sollen.
Lisa Hacklinger: Vielen Dank, dass du da warst, Nikola. Wenn ihr noch mehr hören wollt, dann findet ihr uns auch auf Social Media (Instagram, Facebook, TikTok) und aptaclub.de. Dort könnt ihr uns auch eure Fragen für die nächste Podcast-Folge stellen. Und das war "From Belly to Baby - 10-Minuten Expertenwissen für eure Elternreise", danke dass du heute zugehört.
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